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Vom 03. bis 10. Februar 2018 war eine Gruppe von Sektionsmitgliedern in Hopfgarten in Defereggen (Osttirol), um den Genuss der Skitouren kennenzulernen und ihre Fertigkeiten zu verbessern.

Skitouren gehen – das wollte ich schon immer mal. Meine größte Sorge waren Termine, die sich immer wieder in eben diese Woche drängten, in der der DAV Weimar einen Skitouren-Grundkurs anbot. Außerdem konnte ich nicht einschätzen, wie sicher ich noch auf Skiern stehen würde. Ich hatte schon keine eigenen Skier mehr – mein letzter Schneespaß war mindestens fünf Jahre alt und meine alte Hose war während der Einlagerung mehrer Nummern eingegangen – ungewöhnlich aber wahr.

Mein Vom-Alltag-Rescue-Team hieß Conny, Sebastian, Christin und Heiko und holte mich am Samstag viel zu früh zu Hause ab. Conny beamte uns mit ihrem Bus zum ersten Skinachmittag im Skigebiet. Heiko hatte während der Fahrt angedeutet, dass er vielleicht seine Krankheit lieber auskurieren wolle. Ich ermutigte ihn nach einem kurzen Schuhgrößenvergleich mit gespielter Fürsorge und nebenbei erwähnten Horrorgeschichten von tödlich verschleppten Krippen erfolgreich dazu, noch einen Tag zu pausieren und stapfte glücklich und mit seinen Skischuhen zur Gondel. Das Alltag-Rescue-Team zog gemeinsam in die Alters-WG des komplett gemieteten Ferienhauses und sollte in den nächsten Tagen zu einer kleinen schrulligen Familie zusammenwachsen. Unter uns wohnten Jana, Maria und Max. Am nächsten Tag machten wir einen Skiverleih glücklich, indem wir den Vorgang des Ausleihens mit eben dem Humor anreicherten, den eine größere Gruppe pflegt, wenn sie mit dem Flugzeug abstürzt oder eben in die Risikosportart "Skitouren-gehen" einsteigt. Der erste gemeinsame Tag verging erstmal im Skigebiet, in dem unser gut-aussehender Skilehrer Norman (Skilehrer sehen immer gut aus) uns zur Belustigung aller anderen Skifahrer verschiedene Übungen durchführen ließ, die uns auf den Tiefschnee vorbereiteten. Eben diesen wollten wir am zweiten Tag – natürlich erst nach einer intensiven Wiederholung der Lawinenkunde und der Snowcard – erkunden.

Auf uns wartete – geduldig – das Zeigerle mit beeindruckenden 2463 m. Und wir ließen es lange warten. Der Aufstieg erfolgte über eine etwas schnöde Serpentine und wir alle vergingen vor Glück, als dieser Aufstieg endlich durch einige Übungen angereichert wurde. Unsere Bergführer ließen uns die Wende beim Aufstieg – das Abrutschen im Aufstiegsmodus der Bindung und Erste Hilfe im Falle eines Wolfsangriffes üben. Beim Letzten bin ich mir nicht mehr so sicher. Wir gingen erst weiter, als die Wende endlich von allen beherrscht wurde – aber immerhin – wir gingen irgendwann weiter. Selbstverständlich ließen wir unsere Führer nicht im unklaren darüber, wie sehr wir uns auf die Abfahrt über diese zwei Meter breite Serpentine freuen. Tatsächlich kam der schönste Moment auf den letzten Höhenmetern vor dem Gipfel: tiefer Schnee und die Aussicht, dass es jetzt bergab geht. Nicht, dass Skitouren gehen keinen Spaß macht. Beim ersten Mal brannten mir an dieser Stelle aber die Oberschenkel. Es wurde das erste Mal offiziell abgefellt, angeschnallt und abgefahren. Und was an diesem ersten Tag noch bei Sicht und auf einem Tableau stattfinden durfte, wurde einen Tag später in einen Steilhang verlegt. Denn unseren Aufstieg auf die Innerrodelkunke (2730 m) mussten wir wegen Nebels abbrechen. Selbstverständlich hätten wir uns gegenseitig beim Abfellen und Anschnallen geholfen, wenn wir uns noch gesehen hätten. Aber so tasteten wir uns wieder ins Tal bei einer Sicht, die dieser Bezeichnung unwürdig ist. Die Laune schlug etwas um – was gerade noch lachend vor sich gegangen war, wurde ernst und die größten Sprücheklopfer verstummten.

Auf einmal bricht Hektik aus: Thomas ruft Befehle – die LVS werden ausgepackt – ein paar Gruppenmitglieder rennen sofort ohne Skier los – das eigene LVS wird mit einem Schock in den Gliedern auf Empfang umgestellt – Handschuhe ausziehen oder anlassen – wo ist die Sonde – soll ich die Skier abschnallen – wer fehlt überhaupt? Jemand empfängt ein Signal. Graben, bis man sich übergibt, so hieß es. In der Besprechung hat diese Ansage irritiert, jetzt weiß man sofort, was damit gemeint war. Einen Lawinenabgang kann man oft durchsprechen, aber wenn es schnell gehen soll, zeigt sich die Distanz zwischen Verstehen und Handeln, denn bis der Kopf rational die letzte Besprechung rekapituliert hat, kann es zu spät sein. Die Kollegen rechts haben etwas gefunden und auch wir stoßen auf etwas: einen Handschuh. Einen Handschuh, den wir kennen. Er birgt das LVS von Norman, der wiederum steht neben uns und friert etwas. Alles nur eine Übung, die jetzt intensiv besprochen wird. Zeit für einen Ruhetag.

Die letzten beiden Tourentage (Rote Wand (2818 m) und Hinterbergklofel (2727 m)) hatten einen neuen Charakter. Keiner der Truppe hatte wirklich pausiert, aber alle waren gut gelaunt. Es hatte über Nacht geschneit und so warteten wunderbare Hänge auf uns – und ein wacher Blick der Bergführer wegen der Möglichkeit von Neuschneelawinen. Thomas und Norman beteten den Ablauf der Tourenplanung und Lawineneinschätzung nicht mehr runter, sondern begannen, das Wissen bei uns abzufragen – während des Aufstieges. Dabei entstanden viele rote Köpfe und das aus naheliegenden Gründen: Erstens keine Ahnung von Lawinenkunde; Zweitens zu wenig gefrühstückt und komplett außer Atem und drittens keine Sonnencreme verwendet. Mein Kopf war hochrot, denn auf mich traf alles zu. Aber der Ausblick war auch mit Sonnenbrand unbezahlbar und wurde auf etlichen Photos festgehalten. Ja – an beiden Tagen. Die Abfahrten ließen selbst die erschöpftesten Seelen zu Hochtouren (Wortspiel) auflaufen und göttliche Locken in den flimmernden Schnee zaubern. Na gut. Jetzt übertreibe ich ein wenig. Neben Locken gab es auch Glatteisen und Dauerwelle. Aber die gute Stimmung zog sich bis ins Tal und zum nächsten Wirtshaus. Ja – an beiden Tagen.

Frage: Ob ich es wieder tun würde? Antwort: Ich bestelle gerade Skitouren-Schuhe; Frage: Ob ich ohne dieses Angebot zu einem neuen Hobby gefunden hätte? Antwort: Nein!