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Unsere Idee war, mal nach Südamerika zu fahren, um mal da die Berge kennenzulernen. Sofort kamen uns solche Gedanken, wie Cordillera Blanca, Accongagua und all die bekannten Namen. Unsere vermeintliche Reisezeit sollte März 2000 sein und so mussten wir recht schnell feststellen, das bekannte Ziele im nördlichen Südamerika aufgrund der Wetterlage wohl nicht in Frage kommen. Na gut dann fahren wir eben nach Chile. Berge waren schnell gefunden, aber alles "nur" Vulkane. Das ist zwar schön, aber wohl letzten Endes doch nicht so spannend. Also entstand die Idee nach Patagonien zu fahren.

Der März soll ja für patagonische Wetterverhältnisse die beste Zeit sein. Flüge waren kein Problem, doch leider war keine gute Literatur, zumindest zum klettern zu finden. Nach etwas Suchen fanden sich wenigstens Grobskizzen im Masstab 1: 200000, die waren natürlich noch handgezeichnet. Ausserdem fand sich dann noch die neue Trekkingserie von Lonly Planet, der ein zuverlaessiger Guide sein sollte. Leider konnten ein paar Leute dann doch nicht mit uns mit, so dass wir vorerst zu zweit starteten. Zwei Leute: das ist zum einen Sören, ein E- Techniker aus Dresden und ich, ein ´94 er Bauing aus Weimar. Bereits am Flughafen in Berlin hatten wir 2 Flaschen Wein getrunken und so war der lange Flug ertragbar. Gelandet sind wir in Santiago de Chile bei 30 Grad Hitze und Sonne und gestartet waren wir bei 5 Grad mit Nieselregen. Sofort nahmen wir einen Bus Richtung Patagonien, was ja immerhin noch 2000 km entfernt ist. Es fahren Busse direkt von Santiago, doch diese sind auf Wochen ausgebucht. Also haben wir uns 3 Tage lang Stück für Stück nach unten vorgearbeitet. Das hatte den Vorteil, dass wir eine ganze Menge Eindrücke von Land und Leuten bekamen und auch vom Preisniveau in Argentinien, denn da muss man durchfahren. Man kann da direkt mit US Dollar bezahlen und es ist etwa doppelt so teuer, wie hier bei uns. Unser erstes Ziel war der Nationalpark Torres del Paine gelegen in Chile. Dieser wohl bekannteste Park ist sehr überlaufen, allerdings nur auf einer Seite. Eine Seite? Na das ganze ist ein imposantes Massiv inmitten der Patagonischen Pampa.

Die Massivumrundung misst eine Länge von 100 km und das machen dann schon weniger. Die eine Seite des Massives ist gut mit Hütten und Wegen erschlossen und zieht viele Touristen aus aller Welt an. Das sollte uns aber vorerst egal sein, denn wir gingen auf die Umrundung und sofort waren wir allein. Gemütlich, genau richtig zum Eingewöhnen verlief der erste Tag. Mittags losgelaufen, hatten wir dann doch am Abend so um die 28 km hinter uns. So um diese Distanz pegelten wir uns auch in den nächsten Tagen ein. Das Wetter war sofort patagonisch. Immer wieder wurden wir von Regen benässt und der legendäre Wind blies auch tatsächlich heftig. Dafür gab es dann in den Pausen zwischen dem Regen immer wieder Sonne und blauen Himmel. Die Gegend ist wirklich fantastisch und besonders schön war die einsetzende Laubfärbung. Langsam nähert man sich riesigen Gletschern und der argentinischen Grenze, die man aber auf der Tour nicht überquert. Die Grenze zwischen Chile und Argentinien entspricht der Wasserscheide und so soll es schon passiert sein, dass ein Land einfach einen Berg gesprengt hat, um sein Gebiet zu erweitern. Dementsprechend sind natürlich auch die Beziehungen beider Länder zueinander. An den Grenzen fühlt man / frau sich wie an der Grenze von Tadschikistan zu Kirgistan. An der einen mussten wir sogar aus dem Bus raus und alles Gerödel mit in die Halle schleifen um es dort röntgen zu lassen Ein nützlicher Hinweis: Nahrungsmitteleinfuhr ist strengstens verboten. . Nichts desto trotz wir sind da doch jeder mit 12 Kg Lebensmittel ein- und ausgereist. Na ja wir hatten eben Glück. Die Überwindung eines Passes auf dem Trail bereitet kaum Schwierigkeiten, nerviger ist da schon der ganze Schlamm aufgrund des ständigen Regens. So gelangten wir in den begangeren Teil, der zugegebenermassen auch spektakulärer ist. Der berühmte Glaciar Grey mit seinen Eisbrüchen zieht sich vom Inlandeis geradezu majestätisch ins Tal. Wir hatten alles Eisgerödel in Puerto Natales gelassen, da uns erzählt wurde, das im gesamten Nationalpark klettern oder ähnliche Sache verboten wären und jetzt ärgerten wir uns mächtig darüber. Aber der leichte Rucksack ist ja auch nicht zu verachten. Die nächsten Tage boten herrliche Einblicke in die Patagonische Berg und Eiswelt. Nach dieser eingeh Woche trafen wir uns mit ein paar Freunden aus Dresden, den das Innlandeis wollten wir nicht in einer Zweier Seilschaft betreten. So kamen zu uns noch Andre, ein Kartograph und mit Robert ein weiterer E-Techniker.

Gemeinsam fuhren wir dann nach El Chalten zum Fusse von Fitz-Roy und Cerro Torre. Unser Traum: einmal Cerro Torre sehn. Bekanntlich ist das nicht ganz so einfach und man muss schon einige Geduld aufbringen. Aber unser Tourziel war hier eine Runde über das patagonische Inlandeis und wenn möglich wollten wir natürlich auch noch klettern. Also in der Nationalparkverwaltung vorbeigeschaut und siehe da es existiert ein Buch, wo jeder mit Hand einschreibt, was er so gemacht hat, welchen Berg, welche Route usw. Es ist Gold wert und ausserdem verdammt urig. Für uns beeindruckend die vielen berühmten Namen, die sich hier so eingetragen hatten (Bernd Arnold, Kurt Albert natürlich auch dabei). Am ersten Tag in El Chalten war das Wetter so gut, das wir dachten na ja schauen wir uns mal den Torre an, nicht das wir da etwas verpassen. Wir kamen auch nach 2 Stunden zum Camp Bridwell und da wartete dann eine Flussüberquerung auf uns die schon etwas für die Auslese sorgt. Nicht jeder Pauschaltouri kommt da drüber. (siehe auch Fotos) Aber leider hatten wir keinen Blick auf den Torre. Von Ihm waren ständig so 800 bis 1000 Hm mit einer Wolke bedeckt sonst alles frei. Also nicht lange gewartet und die Runde ums Cerro Torre Fitz Roy Massiv in Angriff genommen und los. Das Wetter wieder patagonisch, sogar mit Schneefall.

Am 2. Tag waren wir am Inlandeis angekommen. Und unglaublich, der Paso del viento ( Pass des Windes) lag windstill und sogar in der Sonne vor uns. Ein einfacher Gletscher wurde über wunden und dann standen wir da mit offenen Mündern. Unglaublich dieser Blick aufs Patagonische Inlandeis, es breitet sich aus, wie ein Meer. Man ist einfach nur überwältigt. In einer Moräne fanden wir gute Zeltplätze. Noch war kein Wind, aber am nächsten Tag erlebten wir dann, wie dieser aussehen kann. Also einen Tag Pause, denn bei dem Wind konnte man nicht auf dem offenem "Meer" laufen, aber dafür gaben wir uns der Literatur hin und konnten ausserdem den Schreibrekord im Kartenschreiben halten. Am nächsten Tag war es zwar nicht mehr so windig aber dafür null Sicht. Wir fanden einen Steileisgletscher und so konnten wir etwas üben, vor allem Kommunikation im extremen Wind. Irgendwann klappten dann auch die Pfeiffkommandos. Am nächsten Tag konnten wir dann los und stapften übers Eis, anfangs brauchte man weder Steigeisen noch Seil, doch das änderte sich bald und wusch war auch schon der erste drin. Nicht so schlimm, weiter gehts. Das Wetter war für dortige Verhältnisse, na ja. Man konnte kaum was sehen. Es riss immer mal auf und man bekam gute Eindrücke von allem. Gezeltet haben wir am Rand des Eisfeldes in einer kleinen Moräne, wo wir dann aber etwas zu tun hatten mit der Zeltsicherung. Nur 8 Eisschrauben eine Axt, denn Pickel gingen nicht rein ! Aber wir hatten ja genug Steine um uns rum. Und das Wetter wurde Abends richtig gut. Und ein weiterer Tag wurde gelaufen. Man läuft stundenlang und hat den Eindruck nicht vorwärts zu kommen, leider auch vorbei na der Rückseite des Cerro Torre, den wir also von hier aus nicht gesehen haben. Hin und wieder tauchte mal einer in ne Spalte ab, da es die letzten Tage wohl doch etwas geschneit hatte. Doch alle waren nicht sehr gross. Bei zunehmend schlechter werdendem Wetter konnte man nichts mehr erkennen und inmitten von Eis und Schnee, vergruben wir die Zelte um einigermassen windgeschützt zu stehen.

Und so standen wir dann auch 1 Tag, immer mal die Zelte aus dem Schnee gegraben. Eine Orientierung war unmöglich, also ausharren und auf besseres Wetter warten.Am 2. Tag dann früh der Hammer. Ein Traumwetter, also so richtig Sonne und so. Das darf doch nicht war sein, sollte heute unser Traum in Erfüllung gehen? Also schnell angezogen, Eiszeug angelegt und los. Etwa 50 cm Neuschnee wurden dann zur Qual. Spalten zu sehen, war fast unmöglich. Wir tasteten uns über den Gletscher. Nach mehren Stunden war nach einem letzten Sprung über eine gut 1,5 m breite offene Spalte der Pass erreicht und wir freuten uns wie kleine Kinder. Da war er Cerro Torre, Fitz Roy auf einem Bild. Es ist eine Wucht. Das werden wir nie vergessen. Die Filme liefen nur so durch die Kamera. Und die verdienten Schokoladen durch unsere Mäuler. Doch bald hiess es weiter gehen, denn noch eine Nacht auf dem Eis das musste nicht sein. Der Abstieg war nicht ganz einfach, aber irgendwann standen wir auf "festem" Boden und Zelte aufbauen war angesagt, endlich wieder auf Erde. Die nächsten 2 Tage schlossen wir dann wieder den Kreis. Nun hiess es Abschied nehmen von den anderen beiden. Sie mussten zurück nach Hause. Aber wir wollten ja noch einen Berg. Den Cerro Solo ( 2248 Meter) hatten wir uns ausgeschaut. Die Berge hier werden sehr wenig bestiegen, vor allem aufgrund des Wetters. So war es in diesem Jahr noch niemand gelungen auf den Cerro Torre zu gelangen. Auch unser Berg wird im Jahr nur ca. 10 mal bestiegen. Die Route per Hand abgemalt und los ging es zum Basislager. Das Wetter war inzwischen wieder echt patagonisch und so stiegen wir am ersten Tag ein in die Route, aber kamen nicht weit, da die Sicht nicht viel erlaubte und auch unser gewählter Weg nicht optimal war. Aber wir konnten gut Einblick nehmen. Die nächste Nacht dann irgendwann früh geraschel im Zelt, ich sag noch ich bin das nicht. Und dann rannte uns dann eine Maus über die Schlafsäcke. Eine Panik ging los um das Vieh wieder rauszubekommen, aber die hatte höchstwahrscheinlich soviel Schiss in der Hose, das sie schnell aus dem gefressenen Zeltloch wieder raus war. Am nächsten Tag ging es zeitiger los, wieder die ersten 700 Höhenmeter hoch und dann ins Steileis. Die Route schien gut und machte verdammt viel Spass, so hier oben im Steileis, schön griffig. Doch irgendwie wurde der Gletscher später dann vorallem zeitlich nicht möglich und das Wetter auch schlechter. Die Laune ging arg runter, wieder nicht geschafft. Es ist schwer sich immer wieder zu motivieren vor allem wenn man jeden Tag sehr zeitig aufsteht und mächtig Höhe macht. So stand die Entscheidung, wenn morgen schlechtes Wetter ist früh dann geben wir auf. Ich schau nachts aus dem Zelt und was müssen meine Augen da sehn. Den Cerro Torre im Sternenlicht. Los geht es, heute packen wir es an. Wieder ewig das Geröll hinauf, aber zur Abwechslung war das eine leichte Kletterei von I. bis II. Grades mit zwei luftigen Stellen III bis IV dabei , wobei die sehr viel Spass machte. Diesmal eine andere Route auf dem Eis und es sieht sehr gut aus. Sonnenaufgang: der Cerro Torre und der Fitz Roy glänzen rot. Es ist wie im Traum. Im bis zu 55 Grad steilem Eis arbeiten wir uns vorwärts und irgendwann sind wir auf der Ausstiegsflanke und der Gipfel ist geschafft. Wir liegen uns in den Armen. Das Panorama überwältigend: Inlandeis, Patagonische Pampa, Cerro Torre, Fitz Roy, den Lago Viedma und das ganze Massiv. Grossartig. Der Abstieg kostet noch einmal viel Kraft und nach 16 Stunden Tour sind wir am Basislager zurück und damit dann eigentlich auch schon am Ende unseres Urlaubes, denn von da ab begann dann die nervenaufreibende 48 Stunden Fahrt mit dem Bus nach Santiago non stop ausser zum Essen.