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Im Sommer des Jahres 2002 wollten wir, sechs Bergsteiger aus Berlin, Dresden und Weimar, in den russischen Kaukasus fliegen, um dort die Berge zu erklimmen. Die ersten Überlegungen galten der Sicherheits- frage, denn der Kaukasus gilt nicht gerade als politisch stabil. Doch wie sich herausstellte, waren die von uns besuchten Gebiete dank militärischer Präsenz "relativ" sicher. Das russische Militär, an den meisten Passüber- gängen im Gebirge stationiert, beugt durch seine Gegenwart eventuellen separatistischen Übergriffen vor.

Wir fühlten uns dadurch wesentlich sicherer, auch wenn wir dies erst im Nachhinein herausfanden. Unserer Reise in das Besingital, mit der berühmten Besingimauer, und in das Baksantal (hier befindet sich auch der Elbrus; 5633m) stand nichts mehr im Wege. Über Moskau ging es nach Mineralnyje Wody, wo wir schon von Leuten aus dem Besingi-Basislager erwarten wurden. Mit ihnen fuhren wir erst einmal nach Naltschik (die größte Stadt in diesem Gebiet) um in einer dort eingerichteten "Bergsteigerzentrale" die Permits für das Besingital zu besorgen. Das Besingi-Basislagerteam arbeitet sehr eng und erstaunlich effektiv mit dieser Behörde zusammen. Noch am selben Tag konnten wir zum Basislager aufbrechen. Durch die starken Regenfälle in den vorangegangenen Wochen wurde die Autofahrt sehr anstrengend und aufregend (Bach- und Murendurchquerungen per Bus). Allgemein kann man sagen, dass das Lager einen sehr gut organisierten Eindruck gemacht hat. Nach einem Schlechtwettertag, sind wir dann zum Eisklettern in ein Seitental gelaufen, wo wir erstmals die Dimensionen der 5000er in dieser Region erfassten. Dies war der erste Sonnentag, nach einer ungewöhnlich langen Schlechtwetterperiode mit viel Schneefall.So kam es, dass wir beim Klettern von einer uns ständig umgebenden Geräuschkulisse abgehender Lawinen begleitet wurden – ein gigantisches Schauspiel (welches natürlich nur aus sicherer Entfernung so beeindruckend ist). Für die nächsten 4 Tage wollten wir in ein Hochlager "umziehen", um von dort aus direkt an die Gipfel zu kommen. Nachdem wir uns bei unserem ersten Gipfelversuch am Gidan-Tau (4160m) verstiegen hatten, und so nicht ganz den höchsten Punkt erreichten, wurde bei unserem nächstem Berg, dem Ukju mit 4330m, ein Bergführer mitgeschickt.Man wollte wohl auf Nummer sicher gehen, dass sich die Deutschen nicht wieder im Weg irren. Es war ein besonderes Erlebnis einen russischen Kletterer in Aktion zusehen, denn die schon sprichwörtliche "russische" Sicherung besticht wirklich durch Schnelligkeit, aber nicht durch Sicherheit! (alles aber reine Ansichtssache) Nach dieser Aklitour wollten wir zur Besingimauer, dem Hauptkamm des Kaukasus mit einer Kammhöhe von 5000m. Auf dem Weg zum Hochlager rückte die Mauer immer näher, und die gigantischen Wände mit ihren Hängegletschern wurden immer größer und größer. Nach 8 Stunden Marsch und 33 kg auf dem Buckel sind wir ausgepumpt auf 3200m angekommen. Das Panorama hat uns so beeindruckt, dass wir gleich einen Ruhetag zum Genießen einlegten. Wegen der starken Schneefälle, waren hier wirklich riesige Lawinen zu sehen. Wir haben auch ein Team in der Wand entdecken können, die schon 3(!) Wochen in der Route steckten. Am nächsten Tag hieß es wieder um 3 Uhr aufstehen, denn das Wetter wurde immer um 15 Uhr schlecht, weil dann die Wolken aus dem Tal nach oben zogen. Außerdem sind morgens die Schneebedingungen noch gut. Diesmal war die Sella (Schwierigkeit: 3A) unser Ziel. Die Route war Klasse: erst eine steile Firnflanke nach oben, und dann einen Schneegrat zum Gipfel – einfach ein Genuss! Beim Abstieg hat die Sonne den Schnee schon so sehr aufgeweicht, dass wir bis zum Knie eingebrochen sind – gut dass wir nicht später aufgebrochen sind. Am nächsten Tag waren wir noch auf dem Pik Freshfield und sind dann gleich bis zum Basislager abgestiegen. Der Abschied fiel uns schwer, denn schließlich haben wir die Mauer nur gesehen, dabei wollten wir doch auch mal selbst Hand anlegen, naja – das nächste Mal.

Im Lager angekommen, empfingen uns die russischen Bergsteiger mit Wodkawässerchen, was nach so einem Tag nicht nur den Durst stillt... Nach Bezahlung (ein Tag kostet 6€ oder 6 $ in der Hütte, bzw. 3 $/€ im Zelt, dazu kommt noch das Essen, bei dem wir mitgegessen haben) haben wir uns entschlossen am nächsten Morgen den Bus nach Nalcik zunehmen und dann in das Baksantal zufahren. In Nalcik hatten wir genug Zeit um nach der Besorgung der Permits, auch noch einen Bummel über den Markt zumachen. Der Zahn tropfte, als wir nach zwei Wochen Berg-steigernahrung das bunte Angebot zu sehen bekamen. Für mich war der Markt besonders schön, weil hier viel mehr Trubel und Leben herrschte als auf unseren westeuropäischen Märkten. Mit vollen Mägen ging es ab in Richtung Elbrus. Wir hatten vor, den höchsten Berg Europas ohne Nutzung der Seilbahnen zu besteigen.

Wegen schlechtem Wetter mussten wir allerdings unsere ursprünglich geplante Überschreitung streichen. Nach einer Übernachtung auf 4200m, einer auf 4600m und einem ersten Vorstoß auf 5000m fühlten wir uns gut genug akklimatisiert für den Gipfelversuch. Als wir früh um 4 Uhr aus unseren Zelten krochen, sahen wir schon Stirnlampen bei ca. 5100m flackern. Eine Gruppe Amerikaner hat sich auf diese Höhe mittels Schneeraupe fahren lassen. Allerdings hatten sie es auch nötig, denn schon bald konnten wir sie überholen. Unsere Aufstiegsroute sollte abseits der ausgelatschten "Trammpelpfade" verlaufen und so entschieden wir uns für einen direkteren Wegverlauf. Leider hatten wir, abgesehen von den Morgenstunden, keine Sicht, und es blieb uns nur die körperliche Anstrengung und ungefähr 2 Minuten am höchsten Punkt, damit wir schnell wieder aus der "Suppe" heraus kamen. Gegen Mittag waren wir wieder an unseren Zelten. Wir bauten ab und fuhren mit der Seilbahn ins Tal. In unseren letzen Tagen wollten wir noch einmal tief in das wunderschöne Baksantal vordringen. Diesmal hatten wir uns die Nordwand des Dschanguntan ausgesucht, bei der der Wegverlauf keine Fragen offen lässt – einfach die Wand in Firnrinnen gerade hoch. Die Route, mit dem von der aufgehenden Sonne angestrahlten Elbrus im Hintergrund, war einfach nur Spitze, und es war auch kein Problem, dass wir auf den Gipfel verzichteten, denn nach dem Ausstieg aus der Wand waren die Eisverhältnisse bis um höchsten Punkt zu schlecht. Für Angie, Sören und mich war das der letzte Berg für diesen Urlaub – wir nutzten die verbleibende Zeit um uns die Schelda-Mauer an zu sehen.: Torsten, Daniel und Lars hatten allerdings noch nicht genug und machten noch eine Tour. Wie nach jedem schönen Urlaub fiel uns natürlich der Abschied schwer, doch zu mindestens waren wir uns bewusst: die Zeit war gut genutzt - wir hatten viele Bergerlebnisse. Leider war der Kontakt zur Bevölkerung nur sehr spärlich – auch dass wäre ein Grund das Land wieder zu besuchen.